Weihnachten ohne dich, Hamm

Weihnachten ohne dich, Hamm

Die Lichterketten glänzen am Marktplatz von Hamm, der Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein liegt in der kalten Winterluft, und aus den Lautsprechern erklingen leise Weihnachtslieder. Für viele ist dies die Zeit der Vorfreude, des Beisammenseins, der Wärme und Geborgenheit. Doch für mich ist dieses Weihnachten anders. Es ist ein Weihnachten ohne dich, hier in Hamm, der Stadt, die unsere gemeinsamen Erinnerungen so lebendig hält und sie gleichzeitig schmerzhaft in ihrer Abwesenheit spürbar macht.

Es ist das erste Mal, dass ich die festliche Atmosphäre der Stadt alleine erlebe, ohne deine Hand in meiner, ohne dein Lachen, das sich mit dem Klang der Weihnachtsmusik vermischt. Jeder funkelnde Stern, jede festlich geschmückte Auslage in den Schaufenstern der Bahnhofstraße, jeder bekannte Winkel der Stadt, der sich in sein festliches Gewand gehüllt hat, ruft eine Flut von Erinnerungen hervor, die sich wie süße, aber auch schmerzhafte Geister um mich legen.

Hamm, unsere Heimatstadt, ist in diesen Wochen ein Paradoxon. Sie strahlt eine unwiderstehliche Gemütlichkeit und Festlichkeit aus, die mich gleichzeitig anzieht und abstößt. Ich sehe Familien, die lachend über den Weihnachtsmarkt schlendern, Kinder mit leuchtenden Augen vor den Karussells stehen, Paare, die sich eng umschlungen an einem Glühweinstand wärmen. Und ich fühle mich wie ein Beobachter, ein Fremder in einer Szene, die einst meine eigene war. Die Freude der anderen ist ein scharfer Kontrast zu der Leere, die sich in meiner Brust ausgebreitet hat.

Ich erinnere mich an unser erstes gemeinsames Weihnachten in Hamm. Wir waren jung, voller Pläne und Träume. Der Weihnachtsmarkt an der Pauluskirche war unser Lieblingsort. Wir standen stundenlang vor den kleinen Holzhütten, probierten jedes Jahr eine neue Sorte Glühwein, teilten uns eine Tüte frisch gebrannter Mandeln und lachten über die kitschigen Weihnachtsdekorationen. Du hattest immer diesen besonderen Blick, wenn du etwas Schönes sahst – eine Mischung aus Staunen und kindlicher Freude, die mich jedes Mal aufs Neue verzauberte. Ich sehe uns noch vor mir, wie wir uns in der Menschenmenge verloren, nur um uns lachend wiederzufinden, unsere Hände fest ineinander verschlungen, als wollten wir sicherstellen, dass uns nichts trennen könnte.

Wir hatten unsere Rituale. Jedes Jahr am ersten Adventswochenende besuchten wir den Maximilianpark, um die festliche Beleuchtung zu bestaunen. Die riesige Glaselefanten-Skulptur, die in bunten Lichtern erstrahlte, war unser Wahrzeichen. Wir spazierten Hand in Hand durch den winterlichen Park, der Atem bildete kleine Wölkchen in der kalten Luft, und du erzähltest mir von deinen Kindheitserinnerungen an diesen Ort. Später wärmten wir uns in einem der kleinen Cafés bei einer Tasse heißer Schokolade auf, sprachen über das vergangene Jahr und schmiedeten Pläne für das kommende. Diese Momente waren so einfach und doch so tiefgründig, gefüllt mit einer stillen Geborgenheit, die ich heute so schmerzlich vermisse.

Das Weihnachtsfest selbst war bei uns immer eine Mischung aus Tradition und Spontaneität. Am Heiligabend trafen wir uns mit der Familie, zuerst bei deinen Eltern, dann bei meinen. Du liebtest es, die Weihnachtslieder am Klavier zu begleiten, auch wenn du behauptetest, nicht besonders gut zu sein. Doch für mich war dein Spiel perfekt, erfüllt von einer Wärme, die das ganze Zimmer ausfüllte. Nach dem Essen saßen wir oft noch stundenlang zusammen, erzählten Geschichten, lachten und genossen einfach die gemeinsame Zeit. Ich erinnere mich an den Duft des Tannenbaums, an das Knistern des Kamins und an die glücklichen Gesichter um uns herum. Es war eine Zeit, in der die Welt stillzustehen schien, in der nur das Hier und Jetzt zählte.

Dieses Jahr ist der Tannenbaum in meiner Wohnung kleiner, und er strahlt nicht so hell. Ich habe Mühe gehabt, ihn überhaupt zu schmücken. Jede Kugel, jede Lichterkette, die ich in die Hand nehme, ist mit einer Erinnerung verbunden. Die rote Kugel, die wir auf dem Weihnachtsmarkt in Münster gekauft haben. Die kleine Holzfigur, die du mir letztes Jahr geschenkt hast. Es ist, als würde ich durch ein Museum unserer gemeinsamen Geschichte gehen, und jedes Exponat erinnert mich an das, was verloren gegangen ist.

Die Weihnachtslieder, die früher mein Herz mit Freude erfüllten, klingen jetzt hohl und melancholisch. "Stille Nacht, Heilige Nacht" – wie kann eine Nacht still sein, wenn das Echo deiner Stimme in jedem Winkel des Raumes widerhallt? Wie kann sie heilig sein, wenn ein Teil meiner Seele fehlt? Ich versuche, mich abzulenken, tauche in Arbeit ein, treffe Freunde, aber die Weihnachtsstimmung in Hamm ist allgegenwärtig und unerbittlich. Sie dringt durch jede Ritze, jede Ablenkung und erinnert mich unaufhörlich an das, was nicht mehr ist.

Ich habe versucht, den Orten auszuweichen, die uns so viel bedeuteten. Den Weg zum Marktplatz meide ich, gehe stattdessen durch weniger belebte Straßen. Aber Hamm ist nicht groß genug, um den Erinnerungen zu entkommen. Der Datteln-Hamm-Kanal, an dem wir so oft spazieren gingen, die alten Zechengebäude, die von der Geschichte der Stadt erzählen und in denen wir uns so oft verloren haben, die kleinen Cafés in der Innenstadt, in denen wir uns nach einem langen Tag aufwärmten – überall begegne ich dir. Es ist, als würde die Stadt selbst deine Präsenz atmen, als wären deine Spuren in den Pflastersteinen und den alten Mauern eingebrannt.

Manchmal, wenn ich abends durch die menschenleeren Straßen gehe und die Lichterketten in der Dunkelheit funkeln sehe, überkommt mich eine tiefe Sehnsucht. Eine Sehnsucht nach der Geborgenheit, die du mir gabst, nach der Leichtigkeit, mit der wir das Leben nahmen, nach der einfachen Freude, die wir teilten. Es ist eine Sehnsucht, die so intensiv ist, dass sie fast körperlich schmerzt. Ich frage mich, wie du dieses Weihnachten verbringen würdest, ob du auch an mich denkst, ob die Erinnerungen dich ebenso verfolgen wie mich.

Doch inmitten dieser Trauer gibt es auch Momente der Dankbarkeit. Dankbarkeit für die Zeit, die wir hatten, für die Liebe, die wir teilten, für all die wunderschönen Weihnachtsfeste, die wir gemeinsam in Hamm erleben durften. Diese Erinnerungen sind nicht nur eine Quelle des Schmerzes, sondern auch ein kostbarer Schatz, der mich daran erinnert, wie reich mein Leben durch dich war. Sie sind ein Beweis dafür, dass unsere Liebe real war und dass sie in irgendeiner Form weiterlebt, auch wenn du nicht mehr physisch bei mir bist.

Dieses Weihnachten ohne dich in Hamm ist eine Prüfung. Es ist ein Prozess des Abschiednehmens und des Neuanfangs zugleich. Ich lerne, mit der Leere umzugehen, die du hinterlassen hast, und gleichzeitig die Schönheit der Erinnerungen zu schätzen. Es ist ein langsamer, schmerzhafter Weg, aber ich weiß, dass ich ihn gehen muss. Die Stadt Hamm, mit all ihren Lichtern und Schatten, ihren festlichen Klängen und ihren stillen Ecken, ist dabei mein ständiger Begleiter. Sie ist nicht nur der Ort unserer Vergangenheit, sondern auch der Ort, an dem ich lerne, meine Zukunft ohne dich zu gestalten.

Vielleicht werde ich irgendwann wieder mit einem Lächeln über den Weihnachtsmarkt schlendern können, ohne dass jeder Glühweinstand eine Träne hervorruft. Vielleicht werde ich die Weihnachtslieder wieder hören können, ohne dass sie mein Herz in tausend Stücke reißen. Und vielleicht werde ich eines Tages in der Lage sein, die Schönheit von Weihnachten in Hamm wieder voll und ganz zu genießen, nicht nur als Erinnerung an das, was war, sondern als Versprechen für das, was noch kommen mag.

Doch für dieses Weihnachten bleibt es ein Fest der stillen Erinnerung. Ein Weihnachten ohne dich, Hamm. Aber auch ein Weihnachten, in dem du in jedem Winkel der Stadt, in jedem funkelnden Licht und in jedem leisen Weihnachtslied präsent bist – als ewiger Teil meiner Geschichte und meines Herzens. Und das ist vielleicht der größte Trost in dieser stillen, heiligen Nacht.

Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm Weihnachten ohne dich, Hamm

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *