Weihnachten, das Fest der Liebe, der Familie und der Besinnlichkeit, wird oft als ein weltweit gefeiertes Ereignis wahrgenommen. Lichterketten schmücken Städte, Weihnachtsmärkte locken mit Glühwein und Geschenke werden ausgetauscht. Doch diese Vorstellung, so weit verbreitet sie auch sein mag, ist nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich gibt es zahlreiche Regionen, Länder und Kulturen auf der Welt, wo Weihnachten entweder gar nicht, nur in sehr begrenztem Maße oder in einer völlig anderen Form gefeiert wird. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von religiösen und kulturellen Unterschieden über politische Ideologien bis hin zu rein säkularen Gegebenheiten. Eine tiefere Betrachtung dieser Phänomene offenbart die reiche Vielfalt menschlicher Traditionen und Überzeugungen.
Die religiösen Gründe: Wo andere Glaubensrichtungen dominieren
Der offensichtlichste Grund, warum Weihnachten in vielen Teilen der Welt nicht gefeiert wird, liegt in der religiösen Zusammensetzung der Bevölkerung. Weihnachten ist ein christliches Fest, das die Geburt Jesu Christi feiert. In Ländern, in denen das Christentum nicht die vorherrschende Religion ist, hat das Fest naturgemäß keine oder nur eine marginale Bedeutung.
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Die islamische Welt: In den meisten Ländern mit einer muslimischen Mehrheit, wie Saudi-Arabien, Iran, Afghanistan, Pakistan, Ägypten, Algerien oder der Türkei, ist Weihnachten kein offizieller Feiertag. Der Islam erkennt Jesus (Isa) zwar als einen wichtigen Propheten an, nicht aber als den Sohn Gottes, und seine Geburt wird nicht in der Form eines religiösen Festes begangen. Stattdessen haben Muslime ihre eigenen großen Feste, wie Eid al-Fitr (Zuckerfest) am Ende des Ramadans und Eid al-Adha (Opferfest), die von großer spiritueller und sozialer Bedeutung sind. Zwar gibt es in vielen dieser Länder christliche Minderheiten, die Weihnachten im privaten Rahmen oder in ihren Kirchen feiern, doch im öffentlichen Leben und als nationaler Feiertag spielt es keine Rolle. In einigen streng islamischen Staaten, wie Saudi-Arabien, ist die öffentliche Ausübung nicht-islamischer Religionen sogar stark eingeschränkt, was die Sichtbarkeit von Weihnachtsfeierlichkeiten weiter minimiert.
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Judentum: Für Juden ist Weihnachten ebenfalls kein religiöser Feiertag. Sie haben ihre eigenen, tief verwurzelten Traditionen und Feste, die sich nach dem jüdischen Kalender richten. Das bekannteste jüdische Fest, das oft fälschlicherweise mit Weihnachten verglichen wird, ist Chanukka, das Lichterfest. Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels in Jerusalem und wird durch das Anzünden einer Menora über acht Tage gefeiert. Es ist jedoch kein Fest der Geschenke im weihnachtlichen Sinne und hat eine völlig andere theologische Bedeutung.
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Hinduismus und Buddhismus: In Ländern wie Indien, Nepal, Thailand, Myanmar oder Sri Lanka, wo Hinduismus oder Buddhismus die dominierenden Religionen sind, wird Weihnachten nicht als religiöses Fest begangen. Hindus feiern eine Vielzahl von Göttern und Göttinnen sowie zahlreiche Feste im Laufe des Jahres, von denen Diwali, das Lichterfest, eines der wichtigsten ist. Buddhisten konzentrieren sich auf die Lehren und die Erleuchtung Buddhas, und ihr wichtigstes Fest ist Vesakh, das Buddhas Geburt, Erleuchtung und Tod gedenkt. Obwohl in diesen Ländern oft eine gewisse kommerzielle oder touristische Präsenz von Weihnachtssymbolen zu finden ist, hat dies keine religiöse oder tiefere kulturelle Bedeutung für die Mehrheit der Bevölkerung.
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Andere indigene und traditionelle Religionen: In Regionen, in denen indigene Glaubenssysteme oder traditionelle Religionen vorherrschen, wie in Teilen Afrikas oder bei bestimmten indigenen Völkern in Südamerika, wird Weihnachten ebenfalls nicht gefeiert. Ihre spirituellen Praktiken und Feste sind eng mit der Natur, den Ahnen oder lokalen Gottheiten verbunden und haben keinen Bezug zum christlichen Kalender oder dessen Feiertagen.
Die politischen und ideologischen Gründe: Wo der Staat Religion unterdrückt
Historisch und aktuell gibt es auch Länder, in denen Weihnachten aus politischen oder ideologischen Gründen unterdrückt oder gänzlich verboten wurde, selbst wenn es eine christliche Minderheit gab.
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Ehemalige kommunistische Staaten: In der Ära des Kommunismus wurde Religion in vielen Staaten als "Opium des Volkes" betrachtet und aktiv unterdrückt. In der Sowjetunion beispielsweise wurden religiöse Feiertage, einschließlich Weihnachten, durch säkulare Feierlichkeiten ersetzt oder stark eingeschränkt. Der Neujahrstag wurde zum wichtigsten Winterfest, bei dem Väterchen Frost (Ded Moroz) Geschenke brachte, um die christliche Symbolik zu ersetzen. Ähnliche Muster gab es in anderen kommunistischen Ländern wie Albanien, das sich unter Enver Hoxha zum ersten atheistischen Staat der Welt erklärte und jegliche Religionsausübung verbot. Auch in der Volksrepublik China wurde Religion nach der kommunistischen Revolution stark eingeschränkt, und Weihnachten hatte lange Zeit keine öffentliche Bedeutung. Obwohl sich die Situation in einigen dieser Länder nach dem Zusammenbruch des Kommunismus geändert hat und Weihnachten wieder offener gefeiert werden kann, sind die Spuren dieser Unterdrückung oft noch sichtbar.
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Nordkorea: Nordkorea ist ein extremes Beispiel für einen Staat, in dem die Religion durch eine staatlich verordnete Ideologie, die Juche-Ideologie und den Personenkult um die Führerfamilie, ersetzt wurde. Jegliche Form der Religionsausübung, einschließlich christlicher Feiertage, wird strengstens kontrolliert oder ist verboten. Weihnachten existiert dort nicht als öffentlicher Feiertag, und das Regime duldet keine Abweichungen von seiner offiziellen Ideologie.
Kulturelle und säkulare Gründe: Wo die Bedeutung fehlt oder anders interpretiert wird
Selbst in Ländern, die nicht primär christlich sind und in denen es keine explizite Unterdrückung gibt, kann Weihnachten aus kulturellen oder säkularen Gründen keine Rolle spielen oder eine völlig andere Bedeutung annehmen.
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Japan: Japan ist ein faszinierendes Beispiel. Obwohl das Christentum nur eine sehr kleine Minderheit ausmacht (weniger als 1%), ist die Weihnachtssymbolik in den großen Städten omnipräsent. Kaufhäuser sind festlich geschmückt, Weihnachtslieder erklingen, und es gibt spezielle Weihnachtsangebote. Doch dies ist fast ausschließlich ein kommerzielles Phänomen. Weihnachten in Japan ist kein religiöser Feiertag, sondern ein säkulares Ereignis, das vor allem von Paaren gefeiert wird, die sich gegenseitig beschenken und ein romantisches Abendessen genießen. Eine einzigartige japanische Weihnachtstradition ist der Verzehr von gebratenem Hähnchen von KFC, der sich seit den 1970er Jahren etabliert hat. Es ist ein Beispiel dafür, wie globale Konsumkultur Symbole aufgreift und neu interpretiert, ohne die ursprüngliche religiöse Bedeutung zu übernehmen.
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Thailand: Ähnlich wie in Japan ist Thailand ein mehrheitlich buddhistisches Land, in dem Weihnachten keine religiöse oder nationale Bedeutung hat. In Touristengebieten, insbesondere in Bangkok und auf den Inseln, finden sich zur Weihnachtszeit jedoch Dekorationen und Angebote, die auf westliche Touristen abzielen. Für die thailändische Bevölkerung selbst ist es ein normaler Arbeitstag, und die weihnachtlichen Symbole werden eher als exotische oder festliche Dekoration ohne tiefere Bedeutung wahrgenommen.
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Säkulare Gesellschaften mit geringem christlichem Einfluss: In einigen Ländern, die historisch keine starke christliche Prägung hatten und heute sehr säkular ausgerichtet sind, wird Weihnachten einfach nicht als wichtiger Feiertag wahrgenommen. Es ist schlichtweg nicht Teil des kulturellen oder historischen Erbes. Dies gilt beispielsweise für einige zentralasiatische Staaten, die nach dem Zerfall der Sowjetunion ihre eigenen kulturellen Identitäten wiederentdeckt haben, die oft von islamischen oder indigenen Traditionen geprägt sind.
Die Nuancen: Wo Weihnachten eine Minderheitenangelegenheit ist
Es ist wichtig zu betonen, dass das Fehlen eines nationalen Weihnachtsfeiertags nicht bedeutet, dass in einem Land überhaupt kein Weihnachten gefeiert wird. In vielen der genannten Länder gibt es christliche Minderheiten, die ihre Traditionen pflegen.
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Christliche Gemeinschaften in der Diaspora: Ob in Kairo, Istanbul oder Tokio – christliche Gemeinden versammeln sich in ihren Kirchen, feiern Gottesdienste und pflegen ihre Bräuche im privaten Kreis. Diese Feierlichkeiten sind jedoch oft diskret und nicht Teil des öffentlichen Lebens. In einigen Fällen, wie in Bethlehem im Westjordanland, das eine christliche Minderheit beherbergt, oder in Teilen des Libanon, wo Christen einen erheblichen Bevölkerungsanteil stellen, kann Weihnachten durchaus öffentlich und mit großer Feierlichkeit begangen werden.
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Der Einfluss der Globalisierung und Kommerzialisierung: Die Ausbreitung von westlicher Popkultur und Konsumgütern hat dazu geführt, dass Weihnachtssymbole wie Santa Claus, Tannenbäume und Lichterketten auch in Ländern auftauchen, die Weihnachten nicht religiös feiern. Dies ist jedoch meist ein Zeichen der Globalisierung des Konsums und des Marketings und weniger ein Hinweis auf eine Übernahme der religiösen Bedeutung. Es ist eine oberflächliche Aneignung von Ästhetik, die oft im Einklang mit dem Wunsch nach Festlichkeit und Geselligkeit steht, aber ohne den ursprünglichen spirituellen Kern.
Fazit: Eine Welt voller Feste, nicht nur eines
Die Frage "wo wird kein weihnachten gefeiert" offenbart eine faszinierende globale Landschaft der Feste und Traditionen. Sie zeigt, dass das, was für einen Teil der Welt ein zentraler Feiertag ist, für andere keine oder eine völlig andere Bedeutung hat. Die Gründe hierfür sind tief in religiösen Überzeugungen, politischen Systemen, historischen Entwicklungen und kulturellen Eigenheiten verwurzelt.
Das Verständnis dieser Unterschiede ist nicht nur eine Frage der geografischen Kenntnis, sondern auch eine Übung in kultureller Sensibilität und Respekt. Es erinnert uns daran, dass die Welt reich an Vielfalt ist und dass neben dem Glanz der Weihnachtslichter unzählige andere Feste und Bräuche existieren, die für Milliarden von Menschen von ebenso großer oder noch größerer Bedeutung sind. Anstatt Weihnachten als universelles Phänomen zu betrachten, sollten wir seine spezifische kulturelle und religiöse Verankerung anerkennen und die immense Bandbreite menschlicher Feierlichkeiten wertschätzen, die den Jahreslauf rund um den Globus prägen.