Weihnachten ist in Deutschland nicht nur ein Fest der Besinnlichkeit, der Familie und der Geschenke, sondern vor allem auch ein Fest des Essens. Die Frage „Was Weihnachten kochen?“ steht in vielen Haushalten schon Wochen im Voraus im Raum und wird mit größter Sorgfalt und oft leidenschaftlicher Debatte beantwortet. Die deutschen Weihnachtstraditionen sind reich und vielfältig, und das spiegelt sich auch in den Festtagsspeisen wider. Von regionalen Spezialitäten bis hin zu überregional beliebten Klassikern – die Weihnachtszeit ist eine Hochsaison für Gaumenfreuden und kulinarische Gemütlichkeit.
Heiligabend – Die besinnliche Einfachheit
Der 24. Dezember, der Heiligabend, ist in Deutschland traditionell der Tag der Bescherung und des familiären Beisammenseins. Überraschenderweise ist das Abendessen an diesem Tag oft vergleichsweise einfach gehalten. Dies hat historische Gründe: Der Heiligabend war früher ein Fastentag, der dem großen Festmahl am ersten Weihnachtsfeiertag vorausging. Auch heute noch halten viele Familien an dieser Tradition fest, wenn auch oft ohne den ursprünglichen religiösen Hintergrund.
Einer der bekanntesten Klassiker an Heiligabend ist der Karpfen. Ob „Karpfen blau“ (gedämpft mit Wurzelgemüse und Essig, wodurch die Haut bläulich schimmert) oder gebacken und knusprig frittiert – der Karpfen ist in vielen Regionen, insbesondere in Süddeutschland und Ostdeutschland, ein fester Bestandteil des Heiligabendmenüs. Er wird oft mit Salzkartoffeln, Meerrettichsoße oder zerlassener Butter serviert. Die Zubereitung des Karpfens ist zeitaufwendig, da er oft frisch vom Fischhändler kommt und sorgfältig vorbereitet werden muss, doch der Aufwand lohnt sich für viele Liebhaber.
Noch einfacher und in unzähligen Haushalten beliebt sind Würstchen mit Kartoffelsalat. Diese Kombination mag auf den ersten Blick unspektakulär wirken, doch gerade ihre Einfachheit macht sie so perfekt für den Heiligabend. Sie ist schnell zubereitet, lässt Zeit für die Familie und die Bescherung und trifft den Geschmack von Groß und Klein. Der Kartoffelsalat variiert regional stark: Im Süden Deutschlands und in Österreich ist er oft mit Mayonnaise zubereitet, cremig und gehaltvoll. Im Norden und Osten hingegen dominiert die Variante mit Brühe, Essig und Öl, oft mit Speck und Zwiebeln verfeinert, was ihm eine leichtere, säuerliche Note verleiht. Die Würstchen sind meist Wiener Würstchen, Bockwürste oder kleine Bratwürste.
In den letzten Jahrzehnten haben sich auch moderne Alternativen etabliert, die den gemeinschaftlichen Aspekt des Essens betonen. Fondue (ob Käse-, Fleisch- oder Schokoladenfondue) und Raclette sind besonders beliebt, da sie es den Gästen ermöglichen, ihr Essen selbst zuzubereiten und dabei gemütlich beisammenzusitzen und zu plaudern. Sie bieten eine entspannte Atmosphäre und eine große Vielfalt an Zutaten, die jedem Geschmack gerecht werden.
Der Erste Weihnachtstag – Das große Festmahl
Der 25. Dezember ist der Höhepunkt der weihnachtlichen Schlemmerei. An diesem Tag wird aufgetischt, was das Herz begehrt und der Magen fassen kann. Das Festmahl ist oft der aufwendigste Teil der Weihnachtsmenüs und wird mit großer Sorgfalt geplant und zubereitet.
Der unangefochtene Star auf dem deutschen Weihnachtstisch ist die Weihnachtsgans. Die Tradition, Gänse zu festlichen Anlässen zu verspeisen, reicht weit zurück, oft verbunden mit dem Martinstag im November, doch zu Weihnachten erreicht sie ihren Höhepunkt. Eine perfekt zubereitete Weihnachtsgans ist knusprig von außen, saftig und zart von innen. Sie wird oft mit einer Füllung aus Äpfeln, Zwiebeln, Beifuß und Maronen zubereitet, die dem Fleisch ein unverwechselbares Aroma verleiht. Die Zubereitung ist zeitintensiv, da die Gans langsam und bei niedriger Temperatur im Ofen garen muss, um ihre Zartheit zu entwickeln und das Fett auszuschmelzen.
Eine beliebte Alternative zur Gans ist die Ente, die oft etwas kleiner und schneller zubereitet ist, aber ebenfalls eine knusprige Haut und zartes Fleisch bietet. Auch Wildgerichte wie Rehbraten, Wildschweinbraten oder Hirschgulasch sind auf vielen Weihnachtstischen zu finden, besonders bei Jägern oder Liebhabern von kräftigen, erdigen Aromen. Diese Gerichte werden oft mit Rotweinsoßen, Pilzen und Preiselbeeren serviert, die ihre Aromen perfekt ergänzen.
Neben Geflügel und Wild sind auch klassische Braten wie der Schweinebraten oder der Rinderbraten sehr beliebt. Ein saftiger Krustenbraten mit knuspriger Schwarte oder ein zarter Rinderbraten in einer dunklen Soße sind ebenfalls typische Festtagsspeisen, die oft mit viel Liebe und Geduld zubereitet werden.
Der Zweite Weihnachtstag – Gemütlichkeit und Reste oder ein weiteres Festmahl
Der 26. Dezember, der Zweite Weihnachtsfeiertag, ist oft ein Tag der Entspannung. In vielen Familien werden an diesem Tag die Reste des Vortages aufgewärmt und genossen, was eine willkommene Erleichterung nach der aufwendigen Zubereitung des Festmahls sein kann. Eine aufgewärmte Gans oder Ente schmeckt oft sogar noch besser, da die Aromen über Nacht durchziehen konnten.
Doch auch für den zweiten Feiertag gibt es traditionelle Gerichte. Manchmal wird ein weiteres, aber vielleicht etwas leichteres Festmahl zubereitet, oder es kommen Gerichte auf den Tisch, die gut vorbereitet werden können. Eintöpfe, Gulasch oder eine deftige Suppe können eine willkommene Abwechslung sein. In einigen Regionen wird auch an diesem Tag noch einmal ein Braten serviert, oft eine andere Art als am Vortag, um Abwechslung zu bieten.
Die unverzichtbaren Beilagen – Das Herzstück des Menüs
Kein Weihnachtsbraten wäre komplett ohne die passenden Beilagen, die oft ebenso viel Aufmerksamkeit und Liebe bei der Zubereitung erhalten wie das Hauptgericht selbst.
- Rotkohl (Blaukraut): Süß-säuerlich, mit Äpfeln, Zwiebeln, Nelken und Lorbeerblatt geschmort, ist Rotkohl der Klassiker schlechthin. Seine tiefrote Farbe und sein würziges Aroma machen ihn zum perfekten Begleiter für Gans und Ente.
- Klöße/Knödel: Ob Kartoffelklöße (aus rohen oder gekochten Kartoffeln), Semmelknödel (aus altbackenen Brötchen) oder Thüringer Klöße (eine Mischung aus rohen und gekochten Kartoffeln) – Klöße sind unerlässlich, um die reichhaltige Soße des Bratens aufzunehmen. Sie sind weich, sättigend und ein absolutes Muss für viele.
- Spätzle: Besonders in Süddeutschland sind hausgemachte Spätzle eine beliebte Alternative zu Klößen, vor allem zu Rinderbraten oder Wild. Ihre unregelmäßige Form und die leicht nussige Note passen hervorragend zu kräftigen Soßen.
- Maronen (Esskastanien): Geröstet oder in Soßen und Füllungen verarbeitet, verleihen Maronen dem Weihnachtsessen eine besondere, leicht süßliche und nussige Note.
- Rosenkohl: Mit Speck und Zwiebeln angebraten oder einfach gedünstet, bietet Rosenkohl eine leicht herbe, aber dennoch festliche Gemüsebeilage.
- Apfelmus oder Preiselbeeren: Die fruchtige Süße von Apfelmus oder die leicht herbe Note von Preiselbeeren bildet einen wunderbaren Kontrast zu den deftigen Fleischgerichten und rundet das Geschmackserlebnis ab.
Süße Verführungen – Desserts und Gebäck
Nach dem herzhaften Hauptgang darf ein süßer Abschluss nicht fehlen. Und auch hier hat die deutsche Weihnachtsküche einiges zu bieten.
- Christstollen: Der Dresdner Christstollen ist weltberühmt und wird schon Wochen vor Weihnachten gebacken. Er ist ein schweres Hefegebäck mit Rosinen, Zitronat, Orangeat und Mandeln, das nach dem Backen dick mit Butter bestrichen und mit Puderzucker bestäubt wird. Sein Aroma entfaltet sich am besten, wenn er einige Zeit durchgezogen ist.
- Plätzchen: Die Vielfalt der deutschen Weihnachtsplätzchen ist schier unendlich. Von Vanillekipferln über Zimtsterne, Spekulatius, Lebkuchen, Spritzgebäck bis hin zu Ausstechern mit bunter Glasur – das gemeinsame Backen und Naschen von Plätzchen gehört zur Vorweihnachtszeit wie kaum etwas anderes.
- Bratapfel: Ein einfacher, aber köstlicher Nachtisch ist der Bratapfel. Gefüllt mit Marzipan, Rosinen, Nüssen und Zimt und im Ofen gebacken, verströmt er einen wunderbaren Duft und ist eine warme, wohltuende Süßspeise.
- Mohnkuchen oder Mohnschnecken: Besonders in Ostdeutschland sind Mohngebäcke zu Weihnachten sehr beliebt. Die süße, leicht herbe Mohnfüllung ist eine traditionelle Zutat in der Winterbäckerei.
Getränke zur Festzeit
Neben dem Essen spielen auch die passenden Getränke eine wichtige Rolle. Glühwein ist in der Vorweihnachtszeit allgegenwärtig und wärmt von innen. Zum Festmahl werden oft passende Weine serviert – ein kräftiger Rotwein zu Gans und Wild, ein leichterer Weißwein zu Fisch. Auch Bier, besonders dunkle oder festliche Biersorten, sind beliebte Begleiter. Nach dem Essen rundet oft ein Verdauungsschnaps oder ein Eierpunsch das Menü ab.
Regionale Besonderheiten
Die Frage „Was Weihnachten kochen?“ wird in Deutschland auch stark von regionalen Traditionen beeinflusst. Während in Süddeutschland und Bayern die Gans und Klöße dominieren, sind in Norddeutschland Fischgerichte, wie der Karpfen, oder Grünkohl mit Pinkel (eine Wurstspezialität) am zweiten Weihnachtstag verbreitet. Im Rheinland und in Westfalen gibt es oft „Himmel un Ääd“ (Himmel und Erde) – Kartoffel-Apfel-Püree mit Blutwurst oder Leberwurst. Jede Region hat ihre eigenen kleinen Geheimnisse und Spezialitäten, die das Weihnachtsmenü einzigartig machen.
Planung ist die halbe Miete
Angesichts der Vielfalt und des Umfangs der Weihnachtsmenüs ist eine gute Planung unerlässlich. Viele Gerichte, wie der Rotkohl oder die Plätzchen, können schon Tage im Voraus zubereitet werden. Das Einfrieren von Soßen oder das Vorbereiten von Gemüse spart am Festtag selbst wertvolle Zeit und Nerven. Das gemeinsame Kochen und Vorbereiten kann dabei selbst zu einem festlichen Ritual werden, bei dem die Familie zusammenarbeitet und sich auf die Feiertage einstimmt.
Moderne Interpretationen und Alternativen
Obwohl Traditionen tief verwurzelt sind, entwickeln sich die Essgewohnheiten weiter. Immer mehr Familien suchen nach leichteren Alternativen oder vegetarischen/veganen Optionen. Ein Nussbraten oder ein Pilzragout können eine köstliche fleischlose Hauptspeise sein, die dennoch festlich und sättigend ist. Auch die Einflüsse internationaler Küchen sind spürbar, und so finden sich manchmal auch Gerichte mit einem exotischeren Twist auf dem Weihnachtstisch, ohne dabei den festlichen Charakter zu verlieren. Wichtig ist, dass das Essen schmeckt und alle am Tisch glücklich macht.
Fazit
„Was Weihnachten kochen?“ ist weit mehr als nur eine Frage nach Rezepten. Es ist eine Frage nach Tradition, nach Familie, nach Gemütlichkeit und nach Liebe. Die deutschen Weihnachtsmenüs sind ein Spiegelbild der reichen Kultur und der tief verwurzelten Bräuche. Ob es der einfache Kartoffelsalat an Heiligabend, die majestätische Weihnachtsgans am ersten Feiertag oder die unzähligen Plätzchen sind – das Essen verbindet Generationen, weckt Kindheitserinnerungen und schafft neue. Am Ende geht es nicht nur darum, was auf den Tisch kommt, sondern wer daran sitzt und die gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießt. Frohe Weihnachten und guten Appetit!