Was macht man an Weihnachten in der Kirche

Was macht man an Weihnachten in der Kirche

Weihnachten, das Fest der Geburt Jesu Christi, ist für Milliarden von Menschen weltweit ein zentrales Ereignis im Jahreskreis. In Deutschland, einem Land mit tief verwurzelten christlichen Traditionen, spielt die Kirche an Weihnachten eine besonders herausragende Rolle. Sie ist nicht nur ein Ort des Gottesdienstes, sondern ein kultureller Ankerpunkt, ein Treffpunkt für Familien und eine Oase der Besinnung in einer oft hektischen Zeit. Die Frage „Was macht man an Weihnachten in der Kirche?“ lässt sich daher nicht mit einer einfachen Antwort abtun, sondern entfaltet ein reichhaltiges Spektrum an Bräuchen, liturgischen Handlungen und tief empfundenen Momenten der Gemeinschaft und des Glaubens.

Die spirituelle Bedeutung von Weihnachten in der Kirche

Im Kern feiert die Kirche an Weihnachten die Inkarnation – die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Dies ist das theologische Fundament, das alle kirchlichen Aktivitäten in dieser Zeit durchdringt. Die Geburt eines Kindes in Armut, das doch der Erlöser der Welt sein soll, ist eine Botschaft der Hoffnung, des Friedens und der bedingungslosen Liebe Gottes zu den Menschen. Die Kirche bietet den Raum, diese Botschaft zu empfangen, zu reflektieren und gemeinsam zu feiern. Sie erinnert daran, dass Weihnachten mehr ist als Geschenke und festliches Essen; es ist die Feier eines Ereignisses, das die Geschichte verändert hat und bis heute das Leben vieler prägt. Die Gottesdienste an Weihnachten sind daher keine bloße Routine, sondern feierliche Akte des Gedenkens, der Dankbarkeit und der Erneuerung des Glaubens.

Der Heilige Abend: Der Höhepunkt der Weihnachtsfeierlichkeiten

Der 24. Dezember, der Heilige Abend, ist in Deutschland der mit Abstand meistbesuchte Tag in den Kirchen. Schon Stunden vor den Gottesdiensten bilden sich oft lange Schlangen vor den Portalen, und die Kirchen sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Diese enorme Anziehungskraft rührt von einer Mischung aus tiefer Tradition, familiärer Verbundenheit und der Sehnsucht nach einem Moment der Besinnung her.

Die Gottesdienste am Heiligen Abend sind in ihrer Gestaltung oft besonders familienfreundlich und emotional ansprechend. Ein zentrales Element, das vor allem in evangelischen Gemeinden, aber auch zunehmend in katholischen, nicht wegzudenken ist, ist das Krippenspiel. Kinder und Jugendliche stellen die Weihnachtsgeschichte nach: Maria und Josef auf Herbergssuche, die Geburt im Stall, die Hirten auf den Feldern und die Ankunft der Heiligen Drei Könige. Mit einfachen Kostümen, oft selbstgebastelten Kulissen und dem Lampenfieber der jungen Darsteller schafft das Krippenspiel eine unvergleichliche Atmosphäre. Es macht die biblische Erzählung lebendig und nahbar, besonders für die jüngsten Kirchenbesucher. Die Proben für das Krippenspiel beginnen oft schon Wochen im Voraus und sind für viele Kinder ein fester Bestandteil der Vorweihnachtszeit. Das Krippenspiel ist nicht nur Unterhaltung, sondern eine tiefgehende katechetische Vermittlung der Weihnachtsgeschichte, die oft mehr im Gedächtnis bleibt als jede Predigt.

Neben dem Krippenspiel prägen weitere Elemente den Heiligen Abend:

  • Festliche Dekoration: Die Kirchen sind mit Tannenbäumen, Lichterketten, Kerzen und oft aufwendigen Krippenlandschaften geschmückt. Der Duft von Tanne und Weihrauch erfüllt den Raum.
  • Kerzenlicht: Oft werden die Kirchenbänke mit Kerzen ausgestattet, die während des Gottesdienstes angezündet werden, was eine warme, intime und feierliche Stimmung erzeugt.
  • Lesungen: Die zentrale Lesung ist die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium (Lukas 2,1-20), die von der Volkszählung, der Reise nach Bethlehem und der Geburt Jesu berichtet. Oft werden auch Prophetenworte aus dem Alten Testament gelesen, die auf die Ankunft des Messias hinweisen.
  • Predigt: Die Predigt am Heiligen Abend ist oft kürzer und zugänglicher als an anderen Tagen. Sie konzentriert sich auf die Botschaft von Frieden, Hoffnung und der Menschwerdung Gottes, oft mit einem Fokus auf die Familie und die Bedeutung des Kindes in der Krippe.
  • Weihnachtslieder: Der Gesang spielt eine überragende Rolle. Lieder wie „Stille Nacht, heilige Nacht“, „O du fröhliche“, „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ und „Es ist ein Ros entsprungen“ werden von der Gemeinde mit Inbrunst gesungen und tragen maßgeblich zur festlichen Stimmung bei. Oft werden sie von Orgel, Posaunenchor oder anderen Instrumenten begleitet.
  • Gebete und Segen: Der Gottesdienst endet mit Fürbitten, dem Vaterunser und dem feierlichen Segen, der die Gemeinde in die Weihnachtsnacht entlässt.
  • Kollekte: Wie in jedem Gottesdienst wird auch am Heiligen Abend eine Kollekte gesammelt, deren Erlös oft karitativen Zwecken oder der Gemeindearbeit zugutekommt.

Die Gottesdienste am Heiligen Abend sind oft so zahlreich, dass eine Gemeinde mehrere Feiern hintereinander anbietet, um dem Andrang gerecht zu werden: einen Familiengottesdienst am Nachmittag, einen weiteren am frühen Abend und manchmal eine spätere Christvesper oder Christmette.

Die Christmette: Die Nacht der Geburt

In vielen katholischen Gemeinden, aber auch zunehmend in evangelischen, ist die Christmette ein Höhepunkt der Weihnachtsfeierlichkeiten. Sie findet traditionell um Mitternacht statt und symbolisiert die Geburt Jesu in der tiefsten Dunkelheit der Nacht. Die Christmette ist oft feierlicher und kontemplativer als die Gottesdienste am Nachmittag des Heiligen Abends.

  • Atmosphäre: Das tiefe Kerzenlicht, die Stille vor Mitternacht und der feierliche Gesang schaffen eine besonders erhabene und mystische Atmosphäre.
  • Liturgie: Die Liturgie ist oft ausführlicher, mit feierlichen Einzügen, Weihrauch und festlicher Musik.
  • Lesungen: Neben der Weihnachtsgeschichte aus Lukas wird oft der Prolog des Johannesevangeliums (Johannes 1,1-14) gelesen, der die Menschwerdung des Wortes Gottes thematisiert: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“
  • Predigt: Die Predigt vertieft die theologische Bedeutung der Inkarnation und der Ankunft des göttlichen Lichts in der Welt.
  • Kommunion/Abendmahl: In der Christmette wird in der Regel das Abendmahl bzw. die Eucharistie gefeiert, was den Gottesdienst zu einem vollständigen Festmahl des Glaubens macht.

Die Christmette ist für viele Gläubige ein besonders bewegender Moment, der die tiefe spirituelle Dimension von Weihnachten erlebbar macht.

Die Weihnachtsfeiertage: Vertiefung und Besinnung

Nach dem Trubel des Heiligen Abends und der Christmette folgen der Erste und Zweite Weihnachtsfeiertag (25. und 26. Dezember). Die Gottesdienste an diesen Tagen sind oft ruhiger, weniger überlaufen und richten sich eher an die Stammgemeinde.

Erster Weihnachtsfeiertag (25. Dezember):
Dieser Tag ist liturgisch der eigentliche Geburtstag Jesu. Die Gottesdienste sind oft geprägt von einer tieferen theologischen Auseinandersetzung mit der Menschwerdung Gottes.

  • Lesungen: Neben der Weihnachtsgeschichte aus Lukas werden oft Lesungen aus dem Johannesevangelium (z.B. Johannes 1,1-14) oder aus den Paulusbriefen (z.B. Titus 2,11-14 oder Hebräer 1,1-6) gewählt, die die göttliche Natur Jesu und die Heilsbedeutung seiner Geburt betonen.
  • Predigt: Die Predigt ist oft theologisch fundierter und beleuchtet die tiefere Bedeutung der Inkarnation für das Leben der Gläubigen und die Welt.
  • Musik: Die musikalische Gestaltung ist oft anspruchsvoller, mit festlichen Orgelstücken, Chorgesang und manchmal sogar Kantaten oder Teilen aus dem Weihnachtsoratorium.
  • Kommunion/Abendmahl: Die Feier des Abendmahls bzw. der Eucharistie ist an diesem Tag in vielen Gemeinden selbstverständlich.

Zweiter Weihnachtsfeiertag (26. Dezember / Stephanustag):
Dieser Tag ist in der katholischen Kirche dem Märtyrer Stephanus gewidmet, dem ersten Märtyrer des Christentums. In evangelischen Gemeinden wird oft der Blick von der Krippe auf die Konsequenzen der Botschaft Jesu gelenkt – auf Nächstenliebe, Frieden und das Eintreten für Gerechtigkeit. Die Gottesdienste sind oft noch intimer und besinnlicher.

Die Rolle der Musik an Weihnachten in der Kirche

Musik ist ein integraler und unverzichtbarer Bestandteil der Weihnachtsfeierlichkeiten in der Kirche. Sie trägt die Botschaft, schafft Atmosphäre und verbindet die Generationen.

  • Chöre: Kirchenchöre proben oft monatelang, um an Weihnachten festliche Oratorien, Kantaten oder anspruchsvolle Choräle darzubieten.
  • Orgel: Die Königin der Instrumente entfaltet an Weihnachten ihren vollen Klang und begleitet den Gemeindegesang oder spielt festliche Präludien und Postludien.
  • Posaunenchöre: Besonders in evangelischen Gemeinden sind Posaunenchöre fester Bestandteil der Weihnachtsfeiern, oft auch bei Open-Air-Gottesdiensten vor der Kirche.
  • Solisten und Ensembles: Viele Gemeinden laden professionelle Musiker oder Solisten ein, um die Gottesdienste musikalisch zu bereichern.
  • Gemeindegesang: Das gemeinsame Singen der bekannten Weihnachtslieder ist für viele der emotionalste Moment. Es schafft ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und der tiefen Verbundenheit mit der Tradition.

Besondere Formen und Traditionen

Neben den klassischen Gottesdiensten gibt es weitere Aktivitäten und Traditionen, die an Weihnachten in der Kirche stattfinden:

  • Weihnachtskonzerte: Viele Kirchen veranstalten in der Advents- und Weihnachtszeit Konzerte, bei denen geistliche Weihnachtsmusik, wie Bachs Weihnachtsoratorium oder Händels Messias, aufgeführt wird.
  • Offene Kirchen: Einige Kirchen bleiben nach den Gottesdiensten geöffnet, um Besuchern die Möglichkeit zu geben, die Krippe zu besichtigen, eine Kerze anzuzünden oder einfach die Stille und Atmosphäre des Raumes zu genießen.
  • Krippenlandschaften: Viele Kirchen investieren viel Zeit und Mühe in den Aufbau aufwendiger Krippenlandschaften, die oft über die Weihnachtszeit hinaus zu besichtigen sind und die biblische Geschichte anschaulich darstellen.
  • Aktionen der Nächstenliebe: Die Weihnachtszeit ist auch eine Zeit des Gebens. Viele Kirchengemeinden organisieren Spendenaktionen, Suppenküchen oder Besuche bei Alleinstehenden und Bedürftigen, um die Botschaft der Nächstenliebe praktisch umzusetzen.

Die Kirche als Ort der Gemeinschaft und Besinnung

Unabhängig von der spezifischen Konfession oder der genauen Gestaltung des Gottesdienstes ist die Kirche an Weihnachten vor allem eines: ein Ort der Gemeinschaft und der Besinnung. In einer Zeit, die oft von Konsum und Hektik geprägt ist, bietet die Kirche einen Gegenpol. Sie lädt dazu ein, innezuhalten, die wahre Bedeutung von Weihnachten zu entdecken und die Botschaft von Frieden und Hoffnung in sich aufzunehmen.

Für viele ist der Kirchgang an Weihnachten ein festes Ritual, das über Generationen weitergegeben wird. Es ist ein Moment, in dem die Familie zusammenkommt, alte Lieder gesungen werden und man sich an die Wurzeln des Festes erinnert. Selbst Menschen, die das Jahr über selten eine Kirche besuchen, finden an Weihnachten den Weg dorthin – sei es aus Tradition, aus der Sehnsucht nach Geborgenheit oder der Suche nach einem spirituellen Anker.

Fazit

Was macht man an Weihnachten in der Kirche? Man feiert die Geburt Jesu Christi in all ihrer theologischen Tiefe und emotionalen Strahlkraft. Man singt alte Lieder, hört die Weihnachtsgeschichte, lauscht der Predigt und nimmt am Abendmahl teil. Man erlebt das Krippenspiel, das die biblische Erzählung lebendig werden lässt, und lässt sich von der festlichen Musik und dem Kerzenlicht verzaubern. Man findet Gemeinschaft, Trost und Hoffnung. Die Kirche an Weihnachten ist ein Ort, an dem sich Glaube, Tradition und Kultur auf einzigartige Weise verbinden und eine Botschaft vermitteln, die zeitlos ist: die Botschaft von der Ankunft des Lichts in der Welt, von der Liebe Gottes zu den Menschen und von der Hoffnung auf Frieden. Sie ist ein spirituelles Zuhause, das jedes Jahr aufs Neue seine Türen öffnet, um die Menschwerdung Gottes zu feiern und diese frohe Botschaft in die Welt zu tragen.

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